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Gustav Stresemanns letzte Rede vor dem Völkerbund am 9. September 1929
Weniger als einen Monat vor seinem Tod hielt Außenminister Gustav Stresemann seine letzte Rede vor dem Völkerbund. Der Wortlaut wurde noch am selben Tag von Wolff’s Telegraphischem Büro veröffentlicht. Nachdem er sich mit der Rolle des Völkerbundes bei der Friedenssicherung, bei der allgemeinen Abrüstung und - sehr ausführlich - beim Schutz nationaler Minderheiten befasst hatte, ging er auf eine sensationelle Anregung des französischen Ministerpräsidenten und Außenministers Briand ein, die dieser in einer Rede an gleicher Stelle vier Tage zuvor vorgebracht hatte. Briand hatte sich für die Bildung eines „lien fédéral“ (föderatives Band) in Europa ausgesprochen. Dass der Gedanke einer politischen Union im noch von den Feindschaften aus den Kriegsjahren geprägten Europa nicht von vornherein als abwegig abzutun sei, unterstützte Stresemann mit einem Zitat aus Goethes Faust, wonach ein großer Einfall anfangs verrückt erscheine. Jedoch lenkte er das Ziel von einer politischen auf eine wirtschaftliche Union um, auf die Abschaffung von Handelsbarrieren und anderen Hindernissen, sogar hin auf die Perspektive einer europäischen Währung. Er tat dies, weil er vor der Begründung einer politischen Union noch mancherlei Bestimmung des Versailler Vertrages revidiert sehen wollte.
RZ 101, R 29995, Folio, 4 Seiten
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